Diakonische Gemeinschaften

Charakteristisch für die Mitgliedshäuser des Kaiserswerther Verbandes sind die Diakonissengemeinschaften und die Diakonischen Gemeinschaften. In der Tradition der Mutterhausdiakonie gibt es in den meisten diakonischen Einrichtungen und Organisation noch heute eine oder mehrere Gemeinschaften. Diese können verschiedene Formen und Ausprägungen haben.

In ihnen haben sich Menschen zusammengeschlossen, die ihren Dienst als Auftrag Jesu Christi verstehen und ihn in verbindlicher Gemeinschaft erfüllen möchten. Männer und Frauen engagieren sich unabhängig von ihrem Dienstvertrag ehrenamtlich in der Diakonie. Insgesamt sind in den ca. 70 Mitgliedseinrichtungen des Kaiserswerther Verbandes etwa 50.000 Mitarbeitende (davon ca. 1.600 Diakonissen und 3.000 Diakonische Schwestern und Brüder, Stand 31.12.2012) beschäftigt.

Diakonissen

Pfarrer Theodor Fliedner gründete in Kaiserswerth (heute Düsseldorf) 1837 das erste Diakonissen-Mutterhaus in der Kaiserswerther Tradition. Er nahm Frauen in eine verbindliche Lebens-, Glaubens- und Dienstgemeinschaft auf und ermöglichte ihnen eine qualifizierte Ausbildung (meist in der Krankenpflege, aber auch als Erzieherin, Lehrerin oder in anderen Berufen). Mit ihrer fachlichen Ausbildung und ihrer theologischen Ausbildung stelten die Diakonissenbewegung, die sich rasch ausbreitete eine Antwort auf die sozialen Umbrüche des 19. Jahrhunderts dar. Die Diakonissen sollten „Dienerinnen des Herrn Jesu, Dienerinnen der Armen, Kranken und Kinder um Jesu willen, Dienerinnen untereinander“ sein (so eine „Hausordnung und Dienst-Anweisung“ von 1839).

Diakonissen waren und sind vielfältig in allen diakonischen Aufgaben der Kirchen tätig: in Gemeinden, Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen, Kindergärten, Horten und Kinderheimen, in der offenen Jugendarbeit, in Ausbildungsstätten und anderen Bereichen. Mit ihrer Tracht sind und waren sie ein "Markenzeichen" der Diakonie.

Heute unterscheidet man Diakonissen in genossenschaftlicher Form, die ehelos als Schwesterngemeinschaft im Mutterhaus leben. Ihr Einkommen geben sie – ausgenommen eines monatlichen Taschengelds – in eine gemeinsame Kasse und sind bereit, sich nach Bedarf der Mutterhausleitung in einen Dienst senden zu lassen. Dafür ist ihre Alters- und Krankenversorgung durch das Mutterhaus abgesichert.

Diakonissen in nicht-genossenschaftlicher Form leben ledig oder in Partnerschaft beziehungsweise Familie. Sie haben ihr eigenes Einkommen und sind für ihre Versorgung selbst verantwortlich. Viele arbeiten in traditionellen diakonischen Arbeitsfeldern, in Pflege, Gemeinde und Ausbildung. Durch die Öffnung der Schwesternschaften gibt es aber auch Schwestern, die ihr Geld als Finanzbeamtin, Hauswirtschafterin oder Journalistin verdienen.

Hilfsschwestern / Verbandsschwestern – Diakonische Schwestern und Brüder

Schon bald nach der Gründung der ersten Diakonissen-Mutterhäuser ab 1837 gab es Frauen, die eine Gemeinschaft und die Arbeit in der Diakonie wünschten, aber nicht ehelos als Diakonisse leben wollten. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wuchs die Zahl dieser evangelischen Frauen, die als sogenannte „Freie Hilfen“ oder auch „Hilfsschwestern“ in vielen Mutterhäusern ausgebildet wurden und ihren Dienst taten. In den 1920iger Jahren gab es innerhalb des Kaiserswerther Verbandes erste Überlegungen, diese Frauen zu organisieren.

Durch den Nationalsozialismus wurden organisatorische Fragen immer wichtiger, da die Eingliederung der „Hilfsschwestern“ in die NS-Schwesternschaften drohte. Der damaligen Verbandsoberin Auguste Mohrmann ist es zu verdanken, dass in einer spontanen und mutigen Rettungsaktion am 1. März 1939 die Hilfsschwestern zu Verbandsschwestern als zweiter Säule im Kaiserswerther Verband gemacht wurden. Die Gründung der Verbandsschwesternschaft bedeutete auch die Anerkennung der Schwestern neben den Diakonissen in den Mutterhäusern des Kaiserswerther Verbandes.

Im Laufe des 20. Jahrhunderts entwickelten sich aus den Verbandsschwesternschaften die Gemeinschaften von Diakonischen Schwestern und Brüdern. Maßgeblich dafür waren zwei Entwicklungen. Zum einen öffneten sich immer mehr Verbandsschwesternschaften auch für Männer, die Diakonischen Brüder. Zum anderen wählten die Schwesternschaften in der DDR die Bezeichnung „Diakonische Schwestern“ für die Verbandsschwesternschaften. Es dauerte allerdings lange, bis am 4. Februar 1987 die Mitgliederversammlung des Kaiserswerther Verbandes die Namensänderung von Verbandsschwesternschaft in „Diakonische Schwesternschaft – Gemeinschaft von evangelischen Frauen und Männern im Kaiserswerther Verband“ beschloss.

Heute sind in den Diakonischen Gemeinschaften Männer und Frauen zusammengeschlossen, die bewusst in der Nachfolge Jesu stehen und in seinem Namen hilfebedürftigen Menschen dienen wollen.

Mitarbeitergemeinschaft

In den vergangenen Jahrzehnten haben sich einige Diakonische Gemeinschaften aus Diakonissen und Diakonischen Schwestern- und Brüdernschaften für Mitarbeitende in den diakonischen Einrichtungen und Organisationen geöffnet. Mit der Etablierung von Diakonischen Bildungskursen, wie z.B. dem Basiskurs Diakonie, schufen die Mitgliedshäuser des Kaiserswerther Verbandes einen Rahmen für die diakonische Aus- und Fortbildung für Menschen, die eine moderne Form von Gemeinschaft suchen.